Engagementförderung in Ostdeutschland

Ehrenamtsagentur Sachsen

23.09.2021

In Vorbetrachtung zu der erstmals am 16.09.21 kommunizierten Befunde der Länderauswertung des Freiwilligensurveys, wurden im April 2021 die ersten Ergebnisse der von der Stiftung Bürger für Bürger und ZIVIZ durchgeführten Studie "Engagementförderung in Ostdeutschland" veröffentlicht. Die Zusammenfassung bescheinigt einen Zuwachs an Engagement unterstützenden Einrichtungen in Ostdeutschland.

 

Rahmenbedingungen zur Engagementförderung der fünf ostdeutschen Bundesländer

Die ersten Ergebnisse der von der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt geförderten Studie „Engagementförderung in Ostdeutschland“ beinhalten u. a. Auswertungen des Freiwilligensurveys und des ZiviZ-Surveys, Länderportraits zur Engagementförderung und einen aktuellen Überblick zu den vielfältigen Einrichtungen zur Engagementförderung in Ostdeutschland. Ziel der Studie ist die Analyse der engagementfördernden Rahmenbedingungen in Ostdeutschland sowie die Entwicklung von Handlungsempfehlungen. In einer ersten Analysephase der Studie wurde im vierten Quartal 2020 eine Bestandsaufnahme der verschiedenen Engagement- und Organisationsdaten, Infrastruktureinrichtungen und Rahmenbedingungen zur Engagementförderung der fünf ostdeutschen Flächenländer erarbeitet. Eine Zusammenfassung dieser aktuellen Bestandsaufnahme konnte im April 2021 veröffentlicht werden.

Wachstum an projektbezogenen Engagierten

Demnach hat sich die Zivilgesellschaft in Ostdeutschland nach 1990 - im Gegensatz zur westdeutschen - weitestgehend neu entwickelt. Einerseits stellen viele Verbände und nach der Wende neu gegründeten Vereine, einen Rückgang des Ehrenamtes fest. Andererseits entstehen eine Vielzahl neuer junger Initiativen und die Zahl der projekt-, themen- und anlassbezogenen freiwillig Engagierten wächst.
Weiterhin stellt die Studie fest, dass die Ungleichverteilung urbaner und ländlicher Räume zwischen Ost- und Westdeutschland von großer Bedeutung für die unterschiedlichen Ausprägungen freiwilligen Engagements ist. Während sich zum Beispiel 71,8 Prozent der Engagierten in Westdeutschland primär im urbanen Raum engagiert, liegt der Anteil in Ostdeutschland hier nur bei 29,4 Prozent und verschiebt sich zu Gunsten des ländlichen Raumes mit 70,6 Prozent. Der Freistaat Sachsen bildet hier eine Ausnahme bei den ostdeutschen Bundesländern: mit 54,4 Prozent Engagiertenanteil in städtischen Gebieten liegt dieser hier höher, als der in den ländlichen. Interesssant bei der Betrachtung ist allerdings, dass der Engagementanteil in Ostdeutschland primär in Organisationen im städtischen Raum steigt, sich also trotz des o. g. Verhältnisses zwischen urbanem und ländlichem Raum in der Perspektive verschiebt.

Flickenteppich des Engagements

Das Bild an Engagement unterstützenden Einrichtungen in ganz Deutschland stellt sich als ein sowohl buntes, als auch heterogenes dar, das einem "Flickenteppich" gleicht. Im ostdeutschen Raum ist die Zahl im Jahr 2020 auf 715 Institutionen angewachsen, davon stellen Soziokulturelle Zentren und Mehrgenerationhäuser die zahlenmäßig am häufigsten vertretenen Einrichtungstypen dar. Eine deutliche Zunahme ist außerdem bei den Bürgerstiftungen zu vermerken, die an 43 Standorten in Ostdeutschland vertreten sind. Freiwilligenagenturen sind in fast allen kreisfreien Städten und deutlich über der Hälfte der Landkreise anzutreffen. Ballungsgebieten an Engagementunterstützenden Einrichtungen in Landkreisen und kreisfreien Städten stehen einige "weiße Flecken" in anderen Regionen gegenüber. "Die Bundesländer und Kreise unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Einrichtungsvielfalt, Einrichtungsdichte und Verbreitung teilweise sehr deutlich."

 

Kontaktstellen werden gern von älteren Engagierten genutzt

Grundsätzlich ist es in den letzten 20 Jahren zu einer tendenziellen Angleichung der Engagementquote in West- und Ostdeutschland gekommen. Besondere Unterschiede zeichnen sich hier insbesondere im kirchlichen Bereich ab, der in Ostdeutschland geringer ausgeprägt ist. Dort treten die Bereiche Freizeit und Geselligkeit, Kultur und Musik sowie außerschulische Jugendarbeit als besonders bedeutsam hervor. Interessant ist, dass mehr engagementfördernde Organisationen in Ostdeutschland über Ansprechpartner:innen vergügen, als in Westdeutschland. Der Anteil Engagierter, die über eine Kontakt- und Informationsstelle ins Engagement gekommen sind, liegt leicht höher als in Westdeutschland und nimmt mit steigendem Alter zu.  Damit sind ältere Engagierte nach wie vor die mit Abstand wichtigste Zielgruppe der Engagement unterstützenden Organisationen, wie Seniorenbüros, Mehrgenerationenhäuser und Freiwilligenagenturen.

An Unterstützungsaufgaben stehen Informationsvermittlung und Netzwerkausbau an vorderster Stelle. Aufgrund fehlender zeitlicher und personeller Mittel wird strategische Projektarbeit seltener praktiziert. Auch in der Zusammenarbeit mit Unternehmen zeigen sich Kooperationsschwächen. Jede dritte Einrichtung hat ein Gesamtbudget von unter 50.000 EUR pro Jahr zur Verfügung. Somit werden die Leistungsfähigkeit und die nachhaltige Sicherung und Weiterentwicklung der lokalen Infrastruktur engagementunterstützender Organisationen wesentlich durch personelle und finanzielle Ressourcen mitbestimmt.

Möglichkeiten der Vernetzung schaffen

Das Engagementfeld in Sachsen zeichnet sich deutlich durch ein nachbarschaftlich- und bewegungsorientiertes informelles Engagement aus. Die Studie stellt fest, dass es auf dieser Engagementebene an einfachen Möglichkeiten der Vernetzung fehlt. Das Sächsische Ministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt stellt sich dabei als "wesentlicher Knotenpunkt" der engagementfördernden Infrastruktur im Bundesland dar. Es fördert durch das Förderprogramm "Wir für Sachsen" freiwillig Engagierte einerseits mit einem monatlichen Pauschalbetrag, andererseits seit 2018 mit dem Kommunalen Ehrenamtsbudget sächsische Landkreise und kreisfreien Städte jährlich.

 

// Im zweiten Teil der Analyse wird die Stiftung Bürger für Bürger in Kooperation mit der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt, der ZiviZ gGmbH und weiteren Expert:innen die Ergebnisse aus der Bestandsaufnahme weiter auswerten und Handlungsempfehlungen ableiten.

 

// Die vollständige Zusammenfassung der Bestandsaufnahme im Rahmen der Studie "Engagementförderung in Sachsen" finden Sie auf der Homepage der Stiftung Bürger für Bürger.

 

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